Dokumentation unbedingten Abschiebewillens- Dimitris Geschichte

caravan 20.05.2003 02:11 Themen: Antirassismus
Der Karawaneaktivist Dimitri ist Deserteur. Er hatte die Nase voll von Militär und Krieg, und als seine Einheit von Polen in den Krieg in Nagorny-Karabach verlegt werden sollte, desertierte er. Im folgenden in Umrissen seine Geschichte in und mit Deutschland und die seiner Abschiebung.
Dimitri Olenin gehörte mit zu den ersten Flüchtlingen, die im September des vergangenen Jahres zwangsweise in das Ausreiselager in Fürth in der Hafenstraße ziehen mußte.Von Anfang an organisierte sich Dimitri in der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen. In vielen Pressegesprächen und öffentlichen Veranstaltungen kritisierte er die Zustände im Ausreiselager vehement. Nach dem Wahlspruch " Zuckerbrot und Peitsche " ging die Ausländerbehörde in Person von Herrn Meißner gegen Dimitri vor. Bein einer der typischen Befragungen warf er ihm vor, mit den " falschen Leuten Umgang zu haben".
Auf der anderen Seite wurde ihm angeboten, im Ausreiselager einen Job als Hausmeister anzutreten, da er " sowieso den Rest seines Lebens im Ausreiselager verbringen würde". Es liegt für uns nahe, dass er der erste und bisher einzige " Insasse" aus dem Lager ist, der zwangsweise abgeschoben wurde, weil er als exponierter Kritiker Widerstand gegen die Verhältnisse im Ausreiselager geleistet hat.
Dimitri Olenin wurde am Freitag, den 11. April im Ausreiselager in Fürth verhaftet. Zum Glück konnte sein Anwalt noch verständigt werden, der sich doch sehr wunderte, das sich Herr Meißner und Herr Hammer es sich nicht nehmen ließen, persönlich am Haftprüfungstermin teilzunehmen. An diesem Haftprüfungstermin wurden zwei Wochen Abschiebehaft verhängt.
Am Montag, den 14.April wurde Dimitri nach München in die JVA Stadelheim verlegt. Der 1.Abschiebeversuch am Mittwoch, den 16. April nach Moskau wurde verhindert, da Dimitri gar nicht hätte verhaftet werden dürfen, da er länger als ein Jahr eine Duldung hatte und diese Abschiebung ihm einen Monat vorher hätte angekündigt werden müssen. Dieses Verfahren betrifft den ausländerrechtlichen Aspekt und ist inzwischen beim Oberlandesgericht in München gelandet und ( bis zur Demo ) bestimmt entschieden.
Die zweite juristische Ebene betrifft den Eilantrag zur Wiederaufnahmeantrag des Asylverfahrens , der am Donnerstag, den 17. April von einer Einzelentscheiderin in Zirndorf abgelehnt und daraufhin Widerspruch beim Verwaltungsgericht in Ansbach eingelegt. Gleichzeitig hat Herr Hammer, der Leiter des Sachgebiets Ausländerwesen bei der Regierung Mittelfranken, einen neuen Haftprüfungstermin am 17. April in München einberufen und die Verlängerung der Abschiebehaft auf 3 Monate beantragt. Diese wurde ohne Wissen und ohne Benachrichtigung seines Rechtsanwalts Gimpl von der Richterin Redl bewilligt.
Erst eine Woche später erfuhr der Anwalt auf Umwegen von dieser Entscheidung. Am Donnerstag, den 24. April fand der 2. Abschiebeversuch statt. Dimitri Olenin wurde in aller Frühe aus der JVA Stadelheim zum Flughafen gebracht. Dort saß er in einer Haftzelle im Flughafengebäude und wartete auf seine Abschiebung. Um ca. 9.oo Uhr teilte ihm ein BGS-Beamter mit, dass die nötigen Heimreisedokumente nicht aufzufinden seien, da er sie in der vergangenen Woche an das russische Generalkonsulat zurückgeschickt hatte. Daraufhin wurde Dimitri wieder in den Abschiebeknast nach Stadelheim zurückgebracht. Diese Aktion, die für Dimitri den Charakter einer abgemilderten Form der "Scheinhinrichtung" haben musste, kann man durchaus als Teil der "Zermürbungstaktik" durch die Ausländerbehörden, in diesem Falle durch Herrn Hammer betrachten.
In den Presseerklärungen der Regierung von Mittelfranken war zu lesen, es hätte nie einen zweiten Abschiebeversuch gegeben. Selbst in einem Radiointerview mit dem regionalen Radiosender Radio Z behauptete der Pressesprecher Herr Domröse am 29. April, Dimitri wäre am besagten Donnerstag nicht am Flughafen gewesen. Wir empfinden diese Aussage als einen ungeheuren Skandal. Es gibt mindestens eine namentlich bekannte ZeugIn, die Dimitri an besagtem Morgen in Polizeigewahrsam auf dem Flughafengelände gesehen hat. Dimitri hätte noch bis zum Donnerstag Abend die Möglichkeit besessen, Rechtsmittel in seinem Verfahren einzuleiten. Vorher hätte nach Aussagen seines Anwalts auf keinen Fall eine Abschiebung stattfinden dürfen.
Am 5. Mai wurde Dimitri dann mit einem Direktflug der Lufthansa nach Moskau abgeschoben.
Auch bei dieser, für die Ausländerbehörden von Mittelfranken endlich "erfolgreichen" Abschiebung wurde sein Anwalt von der beabsichtigten Abschiebung nicht verständigt. Nur durch einen Anruf bei der JVA Stadelheim durch FreundInnen erfuhren diese von der geplanten Abschiebung.
Seit dem 5. Mai hält sich Dimitri ohne Papiere in Russland auf. Die Gefahr einer Verhaftung durch die russischen Behörden ist immer noch gegeben, da Desertion nach russischen Recht ein sogenanntes "Verbrechen" ohne Verjährung ist. Im Falle einer Festnahme drohen im mehrere Jahre Gefängnis.
Dimitri Olenin, der seit 11 Jahren in Deutschland lebte, desertierte 1992 aus pazifistischen Gründen aus der damaligen Roten Armee, um nicht im Krieg in Nagorny Karabach kämpfen zu müssen. Er schwamm über die Neiße, da er in Polen stationiert war und beantragte in Deutschland Asyl. Hier wurde ihm jedoch nie geglaubt, Dimitri Olenin zu sein und in der Armee gewesen zu sein. Es ist Standard des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge russischen Deserteuren Asyl zu gewähren, da Desertion in Russland als Landesverrat und Spionage mit Geheimnisverrat geahndet wird.
Obwohl jetzt seine Identität bewiesen ist, ist es typisch für das System des Ausreiselagers, diese Information nur gegen die Flüchtlinge anzuwenden, anstatt ihnen zu ermöglichen, ihr Asylverfahren wiederaufzunehmen.

Das mindeste an Konsequenz wäre der sofortige Rücktritt von Herrn Hammer, da er den 2. Abschiebeversuch an Dimitri Olenin am 24.4., sowie die Abschiebung zu verantworten hat.

Abschiebung ist Folter
Ausreisezentren schliessen
Asylrecht ist Menschenrecht
Für freies Fluten

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Ergänzungen

Abschiebung?

tom 20.05.2003 - 16:25
Ist Abschiebung generell Folter? Sollte jeder Asylsuchende auch Asyl bekommen? Muß man Unterschiede machen bei Asylsuchenden? Was ist mit Asylsuchenden, die straffällig werden? Kann mir jemand dies beantworten?

Ja, Abschiebung, Tom!

Beantworterin 20.05.2003 - 17:39
ach tom, schaffst Du es nicht selber, die Fragen zu beantworten? In diesem wie in vielen anderen Fällen bedeutet Abschiebung Folter und Repression. Ja, jeder Asylsuchende sollte auch Asyl bekommen, wieso sollte mensch es ihm verwähren. Nein, "man" muss keine Unterschiede machen bei Asylsuchenden, wozu auch. Wenn Asylsuchende straffällig werden sind das Asylsuchende, die straffällig werden, so what? Noch mehr Fragen?

Und weiter, Beantworterin!

Tom 20.05.2003 - 18:09
Danke für deine Antworten! Also Asyl für alle!? Auch für Verbrecher, Rassisten! Meinst Du das wirklich? Du solltest es mal differenzierter sehen und tu mich nicht in die Schublade schilldenkender Bürger! Warum wird dieses thema von der Linken tabuisiert?

Deutsche Rassisten ausbürgern!

Beantworterin 21.05.2003 - 11:53
Natürlich auch Asyl für Verbrecher, Rassisten! Willst Du einen Gesinnungstest machen, ob die Menschen, die nach Deutschland kommen, rassistisch, antisemitisch oder sexistisch sind, vielleicht noch, ob sie fremdgehen oder Bettnässer sind??? Mal davon abgesehen, dass der deutsche Mainstream eben genau dieses ist, rassistisch, antisemitisch und sexistisch, das ist nationenübergreifend :-) Und Verbrecher haben wir in Deutschland auch - so what? Was wird hier tabuisiert? Und von welcher Linken?