Erste Proteste gegen geplante Regierung

Bevor die neue Regierung steht, plant die außerparlamentarische Bewegung die ersten Protestaktionen

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Wo sind eigentlich die vielen Gegner von Hartz IV geblieben, fragt man sich manchmal. Am 5. November wird man schlauer sein. Zu diesem Termin rufen verschiedene Initiativen zu einen Sternmarsch gegen die neue Regierung nach Berlin.

„Während in Berlin das Chaos herrscht und eine neue Regierung versucht, sich zu konstituieren, formiert sich die Opposition in den Betrieben und auf der Straße gegen eine neue Welle der Arbeitsplatzvernichtung und der sozialen Demontage“, heißt es in dem Aufruf. Warum hier wegen eines in vielen Ländern üblichen mehrwöchigen Prozedere zur Bildung einer Regierung gleich das Chaos herauf beschworen wird, ist ebenso unverständlich, wie der unverbrüchliche Optimismus in die Massenmobilisierung. Als wäre die letzte Protestwelle gegen Hartz IV schon vergessen.

So ist auch völlig unklar, ob sich am 5. November wirklich die von den Veranstaltern erhofften Massen in Berlin einfinden werden. Schließlich ist für diesen Tag eine weitere bundesweite Großdemonstration geplant. Ein breites Bündnis von Umweltverbänden mobilisiert unter dem Motto „Atomkraft Nein Danke! Erneuerbare Energie jetzt!“ zu einer bundesweiten Demonstration nach Lüneburg. Die Absicht der Initiatoren ist klar. Man will eine Rücknahme oder Verwässerung der rotgrünen Energiepolitik verhindern und deshalb schnell Flagge zeigen. Zumal es in der SPD genügend AKW-Befürworter gibt, die sich mit den Unionsparteien schnell einig sein dürften.

Zu den Unterzeichnern des Aufrufs zählen neben velen Anti-AKW-Gruppen auch Nichtregierungsorganisationen wie Eurosolar, die sich für neue Energieformen einsetzen. In der Vergangenheit klaffte oft eine politische Kluft zwischen den pragmatischen NGOs und den radikaleren Anti-AKW-Initiativen. Ob das Zusammenrücken nur der aktuellen Situation geschuldet ist oder daraus ein längerfristiges Bündnis entsteht, ist noch offen.

Auch Studierende haben ihre Protestagenda schon früher fertig als die entstehende neue Koalition ihr Regierungsprogramm. Gemeinsam mit Gewerkschaften und anderen sozialen Gruppen ruft der studentische Dachverband fzs für den 30. November zu einen landesweiten Aktions- und Protesttag in Baden Württemberg auf. An diesem Tag soll das Gesetz zur Einführung von Studiengebühren in erster Lesung den Stuttgarter Landtag passieren. Baden Württemberg könnte dann eine Vorreiterrolle bei der Einführung von Studiengebühren spielen.

Die frühen Protestankündigungen müssen allerdings nicht zwangsläufig bedeuten, dass die sich formierende großen Koalition von Anfang an mit großen außerparlamentarischen Widerstand zu rechnen hat. Es ist eher wahrscheinlich, dass viele Menschen erst einmal abwarten, welche Pläne die neue Regierung vorlegt. In Bedrängnis käme die Regierung erst, wenn sich die Gewerkschaften an den Protesten beteiligen. Daher wird es fraglich sein, ob der SPD auch in der Großen Koalition weiterhin eine Einbindung maßgeblicher Einzelgewerkschaften gelingt. Eine schwarz-gelbe Regierung hätte es da auf jeden Fall schwerer gehabt.