100.000 Schüler in Berlin gegen Krieg

Brutalstmöglicher Aufklärer 20.03.2003 15:45 Themen: 3. Golfkrieg
Bei einer spontanen Schülerdemonstration zum Kriegsbeginn haben in berlin etwa 100.000 Menschen teilgenommen. Weitere Akionen sind heute und am Wochenende angekündigt.
(Berlin) Am Vormittag haben in Berlin bis zu 100.000 SchülerInnen an einer Großdemonstration gegen den Irak-Krieg teilgenommen.

Schon am Berliner Alexanderplatz war kein Durchkommen mehr. Derweitläufige Platz war vollkommen überfüllt. Mehr als 35 Schulen hatten zum Schülerstreik aufgerufen, die tatsächliche Beteiligung muss weit höher gelegen haben. Aus dem ganzen Stadtgebiet waren die Schüler klassenweise zum Alexanderplatz gepilgert. Viele Demonstranten hatten Transparente dabei und waren mit Peace-Zeichen geschminkt. "Für mich ist es die erste Demo", sagte eine Schülerin, "ganz schön spannend und sehr wichtig jetzt auf die Straße zu gehen." Überwältigt waren die Teilnehmer angesichts des riesigen Menschenauflaufs. Pressesprecher der Polizei sprachen von "weit mehr als 50.000" bzw. "70.000" Teilnehmern. (Umso erstaunlicher bei www.spiegel.de von 20.000 Teilnehmern zu lesen)

Die Demonstration setzte sich gegen 12 Uhr Richtung Brandenburger Tor in Bewegung. Wütende Pfiffe galten der US-Botschaft. Ansonsten war die Stimmung - entgegen der Ernsthaftigkeit des Anlasses - fröhlich und entschlossen. An manchen Schulen wird das Fernbleiben Konsequenzen für die Schüler haben. Eine Schulsprecherin einer Kreuzberger Schule sprach davon, dass man ihr mit Verweis gedroht habe, falls sie zur demonstration mobilisiere. "Ich habe es trotzdem getan, es ist einfach zu wichtig." Auch Lehrer hatten sich am Protest beteiligt. "Viele Schüler haben jetzt noch mehr Zukunftsängste. Ich finde es gut, dass jetzt massiv protestiert wird." verriet ein Lehrer. "Endlich rührt sich wieder was".

Auch in anderen Städten haben Schüler gestreikt und demonstriert. So kamen in
- Stuttgart 15.000 ( http://de.indymedia.org/2003/03/45078.shtml)

- in Düren 1.500 ( http://de.indymedia.org/2003/03/45110.shtml)

- 10.000 in Freiburg ( http://de.indymedia.org/2003/03/45068.shtml)

- 500 in Koblenz ( http://de.indymedia.org/2003/03/45057.shtml)

- 5.000 in Hannover ( http://de.indymedia.org/2003/03/45061.shtml)

und viele, viele mehr.

Für heute abend sind zwischen 17 und 19 Uhr in über 200 (!) Städten Demonstrationen und Kundgebungen angekündigt, zu denen mehrere hunderttausend Menschen erwartet werden. Und auch am Wochenende geht der Protest weiter, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.
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Ergänzungen

Antizionismus ist nicht Antisemitismus

Sarah 20.03.2003 - 17:15
„Michael Warschawski, Alternative Information Center, Jerusalem.

Michael Warschawski arbeitet für das Alternative Information Center in Jerusalem. Er hat sich als scharfer Kritiker des israelischen Apartheidstaates und unermüdlicher Unterstützer des palästinensischen Befreiungskampfes einen Namen gemacht. Mehrmals wurde er aufgrund seiner Aktivität vom israelischen Staat inhaftiert. Vorbedingung für eine Lösung des Konfliktes im Nahen Osten sei das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser, so Warschawski. Ohne das könne von Frieden keine Rede sein. Er spricht sich darüber hinaus für einen binationalen demokratischen Staat aus, der allen Einwohnern, Palästinensern wie Juden, gleiche Rechte garantieren muss.



Warschawski, Sohn des Oberrabbiners von Straßburg und ehemaliger Talmudschüler, wendet sich scharf gegen die Gleichsetzung von Kritik an Israel oder Antizionismus mit Antisemitismus. Diese Gleichsetzung sei falsch. Ein Verbot von Kritik an Israel schade der jüdischen Bevölkerung. Im Folgen Auszüge aus einem Vortrag, den er im Jänner in Wien hielt: „Antisemitismus und Kritik an Israel oder selbst Antizionismus gehören zu zwei vollkommen unterschiedlichen Kategorien. Antisemitismus ist ein Ausdruck von Rassismus, das bedeutet die Ablehnung des Anderen, in diesem Fall der Juden, als gleiches, oder sogar als menschliches Wesen.“



„Antizionismus ist eine politische Ideologie, der man zustimmen kann oder nicht. Zionismus ist keine ethnische oder konfessionelle oder nationale Zugehörigkeit, es ist eine politische Philosophie. Am Anfang gehörte ihr eine winzige Minderheit der Juden an und erst nach dem Aufstieg Hitlers wurde sie zu einer beachteten Macht in Deutschland. Zionismus ist eine Philosophie, die behauptet, dass der einzige Weg, die jüdische Frage zu lösen, oder der einzige Weg Antisemitismus zu beenden, jener ist, die Juden von ihrem Status der Minderheit zu befreien, damit sie eine Mehrheit oder ein Volk werden, das getrennt von den anderen ist, an einem anderen Ort und sehr bald war dieser Ort mit historischen Begründungen in Palästina gefunden.“



„Die übergroße Mehrheit der Männer und Frauen in Westeuropa, welche die Grundrechte des palästinensischen Volkes unterstützen und gegen die Politik der Kolonisierung, Besatzung und Zerstörung durch den israelischen Staat kämpfen, sind schlicht und einfach keine Antisemiten, keine Rassisten, sondern Leute, Parteien und Bewegungen, die ihren kohärenten, permanenten Antirassismus bewiesen haben. Tatsächlich waren sie es, die gegen Rassismus und gegen Antisemitismus in ihren eigenen Ländern gekämpft haben, während die „Freunde Israels“ entweder Teile dieser rassistischen Bewegungen waren, oder sich still verhalten haben.“



„Eine weitere Frage ist, ob Kritik an Israel Antisemitismus stärkt. Offensichtlich ist die Antwort genau das Gegenteil. Wenn man die jüdische Existenz, den Staat Israel und alle Taten der israelischen Regierung als eine Einheit auffasst und jede Kritik an einem dieser Elemente, an selbst kleinen Dimensionen der Politik der israelischen Regierung als schädlich empfunden wird, dann sind es jene Leute, welche die totale Gleichsetzung zwischen der jüdischen Gemeinde, dem Staat Israel, seiner Politik und seinen Verbrechen betreiben, die den Israelis schaden.“



„Diejenigen, die jede Kritik an Israel verurteilen, schaden Israel damit. Die einzige Möglichkeit die nationale, ethnische und konfessionelle Existenz der jüdischen Bevölkerung im Nahen Osten zu sichern, ist zu zeigen, dass es keine vollkommene Identität zwischen der israelischen Politik und dem israelischen Volk gibt. Hingegen ist der Versuch, Kritik an Israel zum Schweigen zu bringen und Solidarität mit den Palästinensern zu verurteilen das schlimmste Geschenk, das man dem israelischen Volk machen kann. Es bedeutet nicht, dem israelischen Volk zu helfen, im Gegenteil es ruft nur die totale Identifizierung zwischen der Politik seiner Regierenden und der Bevölkerung hervor.



„Wenn die Solidaritätsbewegungen mit dem palästinensischen Volk in Europa eine klare Linie ziehen zwischen ihrem gerechten Kampf auf der einen und jedweder Art von Rassismus und Faschismus auf der anderen Seite, und wenn sie sich dann in ihrem Kampf nicht beirren lassen, so ist dies das größte Geschenk, das sie dem israelischen Volk machen können. Darum appelliere ich an Sie: Lassen Sie sich nicht in die Defensive drängen, fahren Sie in Ihrem Kampf fort. Es ist der beste Weg, die jüdische Existenz im Nahen Osten zu sichern.“