ÖVP und ORF verarschen protestierende Studenten

Noch-Minister Hahn brüskiert zum Abschied auch noch die offizielle Studentenvertretung und der Staatsfunk ORF sekundiert ihm dabei.

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Wenn zwei TV-Sender vom selben Ereignis berichten, muss ja nicht immer das gleiche herauskommen. Diesmal dürfte der Privatsender ATV, dessen Abendnachrichten um 19.20 beginnen, auf einer völlig anderen Veranstaltung gewesen sein als der ORF, der zehn Minuten später seinen Beitrag über den vom designierten EU-Kommissar Hahn verordneten Bildungsdialog berichtete.

Zwar hatte ohnehin niemand erwartet, dass dabei viel herauskommt, aber dass Hahn neben den protestierenden Studenten nun auch noch die offizielle Studentenvertretung ÖH massiv gegen sich aufgebracht, lässt hoffen, dass Hahn auf EU-Ebene ein Ressort überantwortet bekommt, in dem er nicht allzu viel Schaden anrichten kann. Ein Job, der diplomatisches Geschick erfordert, sollte es jedenfalls nicht sein, wie seine an Ignoranz kaum überbietbare Behandlung der Studentenproteste nahe legt.

Diese hatten Hahns Dialog von Anfang an misstraut und behielten zweifellos recht. Hahn gab sich indes betont staatstragend und hatte die Besetzer noch vor Beginn der Veranstaltung über die Medien aufgefordert, die Hörsäle zu räumen, solange man Gespräche führe. Dann kritisierte der Minister noch das „vorschnelle Urteil“ der Studierenden und verlangte, die Dinge „getragen von gegenseitigem Respekt“ zu diskutieren.

In der Tat hatten die Studenten Hahns Dialog von Anfang an als Farce betrachtet und gefordert, er möge sich einer Diskussion im Plenum stellen. Dennoch delegierten sie drei Vertreter, die weitgehend anonymisiert unter den Klängen von „When The Saints Go Marching In“ und in Shirts mit der Aufschrift „Eine(r) von vielen“ einzogen. Mitgebracht hatten sie Clowns, Musiker und Akrobaten und zu irgendwelchen Verhandlungen waren sie ohnehin nicht autorisiert.

So weit, so absehbar, dennoch schaffte es Hahn am Ende doch noch für eine Überraschung gesorgt. Denn nachdem ein wenig geredet wurde, verlautete Hahn das ihm offenbar schon lange bekannte „Ergebnis“ der Gespräche, nämlich dass fünf Arbeitsgruppen „auf maximal breiter Basis und in maximalem Konsens“ bis zum Sommer Empfehlungen ausarbeiten würden. Dem Konsens abträglich war indes, dass Hahn die Zusammensetzung der Arbeitsgruppen selbst festgelegt hatte und die Studenten klar in der Minderheit waren. Dennoch sollten verbindliche Abstimmungen erfolgen, so dass dann selbst die verhandlungswillige ÖH empört zurückwich. „Wir sollen dazu benutzt werden, ÖVP-Beschlüsse zu legitimieren“, erkannte ÖH-Vorsitzende Sigrid Maurer, während Hahn nur süffisant anmerkte, dass „natürlich für jeden das Risiko bestehe, überstimmt zu werden“.

Der eigentliche Skandal ist aber, dass Österreich über diesen Eklat nur vom Privatsender ATV informiert wurde, während der Staatsfunk ORF in den Abendnachrichten zuerst ein paar harmlos-folkloristische Bilder von der Gegenveranstaltung brachte, die die Studenten als „echten Bildungsdialog“ gleichzeitig abhielten, und dann nur einen Rektor und vor allem Hahn zu Wort kommen ließ, der zur besten Sendezeit unkommentiert behaupten durfte, dass das von ihm verkündete Ergebnis „das Bedürfnis aller gewesen sei“.