Wien: Inder stirbt in Abschiebehaft

No Border 15.09.2009 17:13 Themen: Antirassismus Globalisierung Repression Soziale Kämpfe
Ein 20 Jahre alter indischer Flüchtling in österreichischer Abschiebehaft ist am Montag nach einem mehr als einmonatigem Hungerstreik im Wiener Polizeigewahrsam gestorben. Die verantwortliche Polizei erklärte, ein klarer Zusammenhang zwischen Hungerstreik und Tod könne nach „derzeitigen ärztlichen Erkenntnissen“ nicht gefunden werden. Unterdessen teilte die österreichische Caritas mit, auch im voralbergischen Bludenz komme es immer wieder zu Hungerstreiks. Alleine in der letzten Woche hätten zwei Menschen das Essen verweigert.
Der Inder war am Montagmorgen gegen 7.15 Uhr zusammengebrochen. Mithäftlinge schlugen Alarm. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Knapp eine Stunde später wurde laut Polizei sein Tod offiziell festgestellt. Der junge Inder war laut Polizei 2006 illegal eingereist und hatte Asyl beantragt. Dieses Gesuch sei 2009 rechtskräftig abgelehnt worden, der Bescheid sei mit der Ausweisung verbunden gewesen, hieß es. Der 20-Jährige soll daraufhin untergetaucht sein. Anfang August wurde er in Wien nach einem Verkehrsunfall festgenommen. Er kam in "Schubhaft", wie in Österreich das Instrument der Abschiebehaft genannt wird.

Vertreter der österreichischen Justizbehörden betonten der österreichischen Nachrichtenagentur APA zufolge, der Inder sei regelmäßig gesundheitlich untersucht worden, zuletzt am Sonntag. Dabei seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden. Innenministerin Maria Fekter bedauerte verbal den Tod des 20-Jährigen. Zwangsernährung sei nicht angeordnet worden, da diese in Österreich nicht erlaubt sei, erklärte die Ministerin laut APA. Hingegen kritisierten der US-Nachrichtenagentur AP zufolge Opposition und Menschenrechtsorganisationen die Flüchtlingspolitik der Regierung "scharf".

Die meisten Schubhäftlinge würden nicht verstehen, warum sie überhaupt in einem Gefängnis sitzen, sagte Michael Waldenberger von der Caritas Flüchtlingsbetreuung dem ORF. Daher verzichteten viele aus Protest auf ihr Essen. Auch Kinder würden manchmal monatelang in "Schubhaft" genommen.



Quellen:

Associated Press (AP)  http://www.epochtimes.de/articles/2009/09/14/490890.html

ORF  http://vorarlberg.orf.at/stories/389979/

dpa (FAZ, 15. September 2009, Seite 15)
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Ergänzungen

weiteres

Entdinglichung 15.09.2009 - 17:33
Quelle:  http://no-racism.net/article/3090/

Schubhaft ist Mord

Am Montag dem 14. Sep 2009 ist Gaganpreet Singh K. nach einem Monat Hungerstreik in Schubhaft gestorben. Trotz 38 Tagen Hungerstreik hatte der Amtsarzt noch einen Tag vor seinem Tod Haftfähigkeit attestiert.


Als der Aufsichtsbeamte am Montag um 6.15 Uhr den Schubhäftling weckte, fiel ihm nichts Besonderes auf. Gegen 7.15 Uhr brach Ganganpreet Singh K. laut Aussagen von Mithäftlingen in der Zelle zusammen. Reanimationsversuche durch den Amtsarzt und den herbeigerufenen Notarzt verliefen erfolglos.

Nach derzeitigen ärztlichen Erkenntnissen könne kein offensichtlicher Zusammenhang zwischen Hungerstreik und Todesursache gefunden werden, teilte die Polizei in einer Aussendung mit.

Wir haben genug von diesem Zynismus. Schubhaft und Abschiebungen sind Teil eines rassistischen Systems. Dazu gehören unter anderem Kontrollen in der U-Bahn, rassistische Arbeitsmarktpolitik, Illegalisierung, Ausbeutung und weiß dominierte Uni-Räume - wie auch meterhohe Zäune an den Grenzen. Rassismus strukturiert die Gesellschaft und muss auf allen Ebenen bekämpft werden.

Der Widerstand in den Schubhäfn braucht unsere Solidarität!

Laut Innenministerin Fekter befinden sich derzeit etwa ein Drittel der Schubhäftlinge in Hungerstreik. Jedoch ignoriert das Innenministerium und die ÖVP/SPÖ-Koalition seit Jahren die Kritik an dieser rassistischen Praxis und ihrer tödlichen Konsequenzen. Stattdessen wird halbjährlich das Fremdenrecht noch weiter verschärft.

Uns ist es wichtig Abschiebungen nicht getrennt zu sehen vom Denken in Nationen, sexistischen Geschlechtersystemen, kapitalistischer Ver-wertungslogik, Rassismen und anderen Unterdrückungsverhältnissen.

Bewegungsfreiheit für Alle - Überall!
Abschiebung ist Folter, Abschiebung ist Mord!
Migration braucht keine Rechtfertigung!
No Border, No Nation!

Hungerstreiks in Schubhaft sind alltäglich

... 15.09.2009 - 22:10
Seit vielen Jahren haben die Behörden in Österreich ein Problem mit der Schubhaft: Sie schaffen es nicht, die Hungerstreiks zu minimieren. Es wurde auf verschiedene Weise versucht: Mit Gewalt (Haftverschärfungen, Isolation, Prügel, ...) ebenso wie mit sozialen Massnahmen (Sozialbetreuung durch NGO's in Schubhaft), doch nichts zeigte Erfolg, denn die einzige Möglichkeit, aus der Schubhaft zu kommen, ist über Hungerstreik Haftunfähigkeit zu erlangen. Und weil es - mit Außnahme von Selbstverletzungen, kaum eine andere Möglichkeit gibt, aus dem Schuhäfn entlassen zu werden, sind es auch so viele, die in Hungerstreik gehen - und das oft mehrmals. Es gibt keine genauen Zahlen und öffentlich zugängigen Statistiken, doch wird von Zeit zu Zeit auf das "Problem Hungerstreik" hingewiesen, wobei das eigentliche Problem doch die Schubhaft an sich ist. Anhand von Zahlen aus den vergangenen Jahren und den fallweisen Aussagen der Behörden kann davon ausgegangen werden, dass jedes Jahr mehrere 1.000 Menschen in Schubhaft mit einem Hungerstreik beginnen. Dieser Widerstand hinter den Mauern wird jedoch von draußen kaum wahrgenommen, außer vielleicht dann, wenn es zu "Zwischenfällen" kommt wie im Fall von Ganganpreet Singh K. Dass es sich bei dem Tod in Folge des Hungerstreik um keinen Einzelfall handelt ist ebenso festzuhalten wie der Umstand, dass es zu ähnlichen Fällen nicht nur in Österreich kommt, sondern quer durch Europa: Hungerstreiks und die damit verbundenen Risiken sollten viel ernster genommen werden, als dies bisher geschehen ist.
Power durch die Mauer, bis sie bricht....

Falsch zitiert

Michael Waldenberger 20.09.2009 - 22:00
ERRATA:
Mir wurde Ihr Online-Artikel zugetragen und habe dabei festgestellt, dass Sie mich falsch und willkürlich zitiert haben. Hier die Korrekturen, welche den Tatsachen entsprechen:

1. Von den derzeit über 3000 Personen, die in Österreich in Schubhaft sind, befinden sich ca. ein Viertel im oder haben einen Hungerstreik gemacht. Hungerstreik kommt generell relativ häufig in Schubhaft vor und hat keinen ausschließlichen Bezugspunkt nur auf Österreich oder gar auf das Bundesland Vorarlberg.

2. In Vorarlberg waren in den letztEN WochEN 3 Personen in Schubhaft im Hungerstreik; jedoch ist die relative Anzahl in Vorarlberg nicht höher als in anderen Bundesländern, im Gegenteil, sie ist niedriger. Außerdem habe ich keine Äußerungen als "Caritas Österreich" getätigt, sondern als Flüchtlings- und Schubhaftbetreuer der Caritas Vorarlberg im PAZ Bludenz (Polizeianhaltezentrum Bludenz)

3. Folgende Aussage habe ich ebenfalls nie getätigt: "... Kinder werden manchmal monatelang in 'Schubhaft' ..." genommen. Vielmehr ist es (meines Wissens nicht in Bludenz) auch schon SEHR SELTEN vorgekommen, dass Minderjährige in Schubhaft genommen wurden, was entsprechend auch von Menschenrechtsorganisationen zurecht kritisiert wurde. In der Regel befinden sich jedoch Kinder und Jugendliche im sog. Gelinderen Mittel, also nicht in einem "Schubhaftgefängnis".

4. Hauptgründe für Hungerstreik in Schubhaft sind erstens dadurch die Haftunfähigkeit zu erreichen und/oder zweitens als Protest gegen die Schubhaft bzw. deren Bedingungen an sich.

Bitte um entsprechende Korrektur Ihres Artikel. Wir hier bei der Caritas in Österreich betreiben eine gewissenhafte und sehr angesehen Flüchtlingsarbeit insbesondere auch Schubhaftbetreuung und sind deshalb interessiert, dass unsere fachlichen Äußerungen auch wahrheitsgemäß und unverzerrt über die Medien weitergegeben werden; nicht zuletzt da die Wahrung der Glaubwürdigkeit von NGOs ein sehr wichtiges Fundament für unsere soziale Arbeit darstellt.